Immer samstags um halb acht holt er den Schrubber raus. Dann wird gewischt, was das Zeug hält. Auch an diesem Morgen steht Richard Dörrenberg wieder in der Eishalle an der Brehmstraße – schreit, schrubbt und schliddert mit 20 anderen Frühaufstehern um die Wette.
Der 62-Jährige spielt seit 30 Jahre Curling im „Curling Club Düsseldorf 1961“, dem ältesten seiner Art in Deutschland. Curling, das ist das Mannschaftsspiel auf Eis mit dem Stein und den Besen. „Ehemals eine Randsportart, können wir uns seit den Olympischen Spielen von Salt Lake City vor Nachfragen kaum retten“, sagt Dörrenberg, der inzwischen den Trainerschein besitzt.
„Nur sportliches Wischen“, davon kann Felix Laumen vorerst nur träumen. Der Rechtsanwalt ist zum zweiten Mal dabei. Elegant greift er mit der rechten Hand den 20-Kilo-Granit-Stein (sieht aus wie ein Designer-Teekessel), in seiner Linken der Schrubber, ein tiefer Ausfallschritt – und ab damit. Der Stein rutscht. Und der 44-Jährige hinterher – flach auf dem Bauch. „Mann, ist das glatt“, flucht er. „Das hat Eis so an sicht“, tönt es hämisch aus dem „House“, dem Ziel in rund 40 Meter Entfernung. Denn wer denkt, dass Curling einfach ist, der wird hier eines Besseren belehrt. „Curling ist ein Geschicklichkeitsspiel, das aber auch Kraft erfordert“, sagt Miroslaw Zlobinski. Zu Hause, so gesteht der Physik-Student, da nehme er aber keinen Besen in die Hand. „Mich interessiert nur das sportliche Wischen“.
Plötzlich das Kommando vom Skip, dem Teamführer. Miroslaw rennt los und wischt zusammen mit einem Teamkameraden den Stein sicher ins Ziel. „Das Ganze ist reine Physik“, erklärt der 21-Jährige. „Beim Wischen wird ein Wasserfilm erzeugt, der sofort wieder gefriert und das Eis glatter macht“. Nicht zu übersehen: Erneut ist auf der Gegenbahn ein Spieler auf dem Hosenboden gelandet. Und wieder ist es Anwalt Laumen, der Sekunden vorher noch über sein Frau Suzanne gelästert hat. „Nur, weil ich den Stein der gegnerischen Mannschaft gespielt habe“, beschwert die sich.
Solche Fehler kommen Athanassios Pantios nicht mehr unter. Er ist schon länger dabei und fühlt sich zusammen mit seinen drei Freunden zu sportlichen Höchstleistungen berufen. „Wir wollen 2006 als griechische Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Turin antreten“, verkündet der 33-Jährige. Und dafür lohne sich sogar das „bescheuert frühe Aufstehen“ am Wochenende.
Und ein paar Euro wollen auch investiert werden. „Aber Curling ist keine exklusive Sportart mehr“, sagt Dörrenberg. Rund 120 Euro kosten der Besen und die Gleitsohle, die einfach über einen normalen Turnschuh gezogen wird. Die Steine sind zwar teuer (ungefähr 500 Euro), werden aber vom Club gestellt. Oder auch wieder weg gestellt. Denn die zwei Stunden Training an der Brehmstrasse sind vorüber, die Nasen rot und die Füße kalt. „Jetzt einen heißen Kaffee und ab ins Wochenende“, so Dörrenberg. Bis nächste Woche, dann wird der Schrubber wieder rausgeholt.
Verena Schürholz